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Doppelleben in Pumps


1. Büro im Schatten

Julian war 22, stand kurz vor dem Ende seiner Ausbildung zum Bürokaufmann und galt in seiner Abteilung als echtes Vorzeigetalent. Gut gekleidet, freundlich, klug – einer, der es weit bringen würde. Er war höflich, charmant und hatte dieses gewisse Etwas in der Ausstrahlung, das andere schwer greifen konnten.

Doch was niemand wusste: Hinter seiner kontrollierten Fassade verbarg sich ein zweites Leben. Denn nach Dienstschluss war Julian nicht mehr der disziplinierte Azubi mit gebügeltem Hemd. Dann wurde aus ihm Lena.

Seine Abteilung war eine rein männliche Domäne – sachlich, trocken, geprägt von langen Excel-Listen, internen Meetings und routinierten Abläufen. Von den zehn Angestellten dort waren nur zwei weiblich, beide älter und kaum in den sozialen Kreis integriert. Oft, fast schon regelmäßig, fielen Sprüche wie:

„So ein bisschen mehr Weiblichkeit würde dem Laden echt guttun.“
„Warum sind die hübschen Kolleginnen immer in Marketing oder HR?“

Julian hörte zu. Er lachte manchmal mit, auch wenn es in ihm arbeitete. Er hatte längst begriffen: Die Welt, in der er lebte, war noch nicht bereit für das, was in ihm schlummerte.

Und trotzdem… es reizte ihn. Nicht nur, weil es ein Ausbruch war, sondern weil Lena seine Wahrheit war – nicht gespielt, nicht erfunden. Sie war eine andere Facette seiner selbst. Eine, die in Pumps durch die Nacht schritt, statt in Sneakers durch die Kantine.


2. Transformation

Der Freitag war lang. Zahlenkolonnen, ein Kundengespräch, das sich zog, dann noch ein Update im Warenwirtschaftssystem. Als die Uhr endlich 17:00 schlug, war Julian bereit. Mit einem kurzen Lächeln verabschiedete er sich:

„Ich wünsch euch ein entspanntes Wochenende.“

Niemand ahnte, wie besonders seins werden würde.

Zuhause angekommen, schloss Julian die Tür, legte Handy und Schlüssel ab, öffnete den versteckten Schrank unter seinem Bett – und atmete auf. Endlich konnte sie auftauchen. Lena.

Zuerst die Dusche. Warmes Wasser, Duft von Vanille und weißem Moschus. Er rasierte sich gründlich: Beine, Arme, Brust, Achseln. Danach trug er eine glitzernde Bodylotion auf, die seine Haut schimmern ließ. Die Musik war leise – Synth-Pop, französisch, feminin.

Dann begann die eigentliche Magie:

  • Silikonhüftpolster – für runde, weibliche Hüften
  • Eine Push-Up-Corsage – für ein verführerisches Dekolleté
  • Weiche Silikonbrüste, perfekt geformt
  • Ein schwarzer, körperformender Body, der alles umschloss

Er bewegte sich anders, sobald alles saß. Femininer. Sinnlicher.

Die Unterwäsche: schwarzer Spitzen-String, halterlose 20-DEN-Strümpfe mit Rückennaht.
Das Kleid: schwarz, eng, schulterfrei, mit Goldakzenten – elegant, sexy, selbstbewusst.
Dazu: 10-cm-Lackpumps – klassisch, aber gefährlich schön.

Er lackierte die Nägel in einem dezenten Rosé, setzte eine goldene Herzkette, große Creolen und ein zartes Armband an. Die Make-up-Routine war geübt:

  • Foundation, Contouring, Highlighter
  • Smokey Eyes, Lidstrich, falsche Wimpern
  • Roter Lippenstift – das Statement

Dann die Krönung:
Die Perücke – karamellblond, schulterlang, seitlich gescheitelt, leicht gewellt. Lena war da.


3. Die Nacht

Sie bestellte ein Taxi. Die Fahrt durch die Lichter der Stadt war magisch. Die Augen des Fahrers wanderten immer wieder kurz zu ihr im Rückspiegel, doch er sagte kein Wort. An der Bar angekommen, stieg Lena aus, warf den Mantel über die Schulter und trat durch den Eingang.

Drinnen: Musik, buntes Licht, tanzende Körper, schillernde Persönlichkeiten. Die Atmosphäre vibrierte. Lena bewegte sich sicher, selbstbewusst. Sie bestellte einen Cosmopolitan, lächelte, genoss Blicke, Komplimente, kurze Gespräche. Es war ihre Welt.

Sie tanzte, lachte, flirtete. Es war perfekt – bis es passierte.


4. Die Enthüllung

„Julian?!“

Der Name traf sie wie ein Donnerschlag. Sie blieb stehen. Ihre Knie wurden weich. Sekundenlang war da nur das Pochen ihres Herzens und die Musik, die dumpf gegen ihre Brust dröhnte.

Langsam, ganz langsam, drehte sie sich um.

Tobias.

Kollege. Drei Plätze weiter im Büro.
Trainingsjacke, Jeans, Bier in der Hand. Und zwei seiner Freunde – offenbar ebenfalls von der Firma.

Er starrte sie an. Nicht wie jemand, der ein Geheimnis gelüftet hatte. Sondern wie jemand, der nicht glauben konnte, was er da sah. Seine Augen tasteten sich über ihr Outfit: das Kleid, die Perücke, die gestylten Beine, die Pumps, das Make-up.

Dann sein Gesicht. Erst Verwirrung. Dann ein schiefes Grinsen. Dann kam das, was Julian fürchtete:

„Was zur Hölle machst DU denn hier… so?!“

Seine Freunde drehten sich um. Einer stieß ein Lachen aus. Der andere sagte nur:
„Digga, ist das nicht der Azubi aus der Buchhaltung?! Kein Scheiß?“

Julian – oder besser: Lena – wurde schlagartig blass unter dem Make-up. Die Röte kroch ihm heiß ins Gesicht. Sein Hals wurde trocken. Die Worte steckten fest.
Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Es war zu spät.

Tobias trat näher, legte den Kopf leicht schief. Sein Ton war nicht laut, aber schneidend:
„Also… ich mein, jedem das Seine, ne? Aber du? In so ’nem Kleid? High Heels? Make-up? Ey, du bist unser stiller Streber – und jetzt kommst du hier als Drag oder was auch immer?“

Er lachte – nicht böse, aber laut genug, dass Leute in der Nähe neugierig herschauten.

Julian konnte sich kaum noch aufrecht halten. Es fühlte sich an, als würde die Luft um ihn herum dünn, als würde jeder Blick brennen, jede Bewegung falsch wirken. Die Selbstsicherheit, die Lena sonst erfüllte, war wie weggewischt. Übrig blieb ein junger Mann in Frauenkleidern, ertappt, entblößt, und plötzlich sehr allein.

Er wollte etwas sagen – sich erklären, wenigstens etwas Menschliches zurückholen – aber Tobias klopfte ihm auf die Schulter und sagte trocken:

„Ey, mach wie du meinst. Aber Montag wird spannend.“

Dann drehte er sich um und verschwand mit seinen Freunden in der Menge. Das Gelächter hallte nach.

Julian blieb stehen. Wie angewurzelt. Die Musik war zu laut, die Luft zu schwer. Um ihn herum tanzten die anderen weiter – Menschen, die ihn nicht kannten, die ihn nicht aus dem Büro, aus der Kantine, aus dem Aktenschrank kannten.

Er verließ die Bar zehn Minuten später – allein. Das Echo seiner Absätze auf dem Gehweg war das Einzige, was noch von Lena übrig war.


5. Der Heimweg

Im Taxi starrte er aus dem Fenster, das Make-up noch immer makellos, doch innen zerfiel alles. Sein Herz raste, seine Gedanken überschlugen sich:
Was würde am Montag passieren? Wer würde was sagen? Würde Tobias still sein? Oder…?

Er wusste es nicht.

Er wusste nur eins: Diese Nacht war kein Befreiungsschlag gewesen.
Es war ein Sturz.
Ein schmerzhafter.
Einer, der ihn erschütterte.


Alles klar – wir setzen die Geschichte am Montag fort, wo für Julian (bzw. Lena) eine neue, völlig unerwartete Realität beginnt: Zwang, Anpassung, Kontrolle – aber auch kleine Momente der eigenen Wahrheit. Hier kommt der nächste Abschnitt:


6. Montag – Die neue Realität

Julian schlief kaum in der Nacht von Sonntag auf Montag. Immer wieder spielte er das Gespräch mit Tobias durch, die Gesichter der anderen, das Lachen, das Klatschen auf die Schulter. Er hatte gehofft, das Wochenende würde die Peinlichkeit versickern lassen, dass Stille sich über die Sache legen würde wie Schnee über Schmutz.

Aber er hatte sich geirrt.

Als er das Büro betrat – in seinem üblichen, schlichten Hemd und Stoffhose –, war die Atmosphäre sofort anders. Vier seiner Kollegen starrten ihn beim Reinkommen auffällig an. Tobias war bereits da, grinste breit, schob sich auf seinem Bürostuhl in Julians Richtung und sagte:

„Na, Lena, was ist los? Heute gar nicht so schick wie Freitagabend?“

Ein paar andere lachten verhalten. Julian versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
„Ich bin hier als Julian. Und ich bin hier, um zu arbeiten.“

Doch da meldete sich Herr Kranz, der Abteilungsleiter. Mitte 50, graue Haare, stets mit Krawatte und leiser Stimme – doch was er jetzt sagte, war alles andere als neutral.

„Julian, wenn ich ehrlich bin… Nach dem, was wir am Wochenende erfahren haben, stellt sich schon die Frage nach Transparenz. Offenheit. Authentizität.“

„Was soll das heißen?“

Kranz verschränkte die Arme, die Stimme blieb ruhig.

„Tobias hat erzählt, dass du dich öffentlich als Frau zeigst. Du legst da offenbar Wert auf dieses Erscheinungsbild. Nun… wir als Unternehmen fördern Diversität. Und in deiner Rolle, im Kontakt mit Kunden, wäre es nur konsequent, wenn du auch hier als Frau auftrittst. Das fördert Klarheit. Und spart uns die Frage, ob du etwas zu verstecken hast.“

Julian war sprachlos.
War das gerade… ein Zwang zur Offenlegung? Eine Anordnung?

„Sie wollen… dass ich als Frau zur Arbeit komme?“

„Nicht wollen, Julian. Aber es wäre doch nur folgerichtig, oder? Schließlich ist Authentizität wichtig. Und es wäre peinlich, wenn Kunden dich außerhalb erkennen und sich fragen, wer hier welche Rolle spielt.“


7. Der erste Tag als „Lena“ im Büro

Am nächsten Tag kam Julian wieder – diesmal nicht als Julian.

Er trug ein knielanges, schlichtes Etuikleid in Marineblau, schwarze Ballerinas, eine hellbraune Strumpfhose. Dezent geschminkt, mit glatter Perücke und schmalen Ohrringen. Keine Übertreibung, keine Provokation – nur das, was von ihm erwartet wurde. Oder besser gesagt: was sie ihm aufdrückten.

Die Reaktionen waren gemischt.

Tobias feixte leise, schickte ihm anfangs „aus Versehen“ Mails mit „Frau Julian“ als Anrede.
Herr Kranz nannte ihn bei Meetings plötzlich „Frau Meinhardt“, mit demonstrativer Korrektheit.
Zwei Kollegen kicherten, wenn er vorbeiging. Einer murmelte:
„Sieht gar nicht so schlecht aus, ehrlich gesagt.“

Einige Vorteile zeigten sich schnell:

  • Die Rezeptionistin war plötzlich netter.
  • Im Kundenkontakt wirkten manche Gesprächspartner aufmerksamer.
  • Ein Paketbote hielt ihm die Tür auf mit einem „Ladies first“.

Aber alles hatte einen schalen Beigeschmack. Julian hatte keine Wahl. Er musste so erscheinen, weil seine Kollegen beschlossen hatten, dass das jetzt seine Rolle war. Er hatte seine Identität nicht selbst gewählt, sie war ihm aufgezwungen worden – in High Heels.

Seine Tage bestanden aus dem Versuch, professionell zu bleiben, während er sich beobachtet fühlte. Selbst seine Kaffeetasse wurde kommentiert.

„Ach, heute mit Herzchen-Motiv, Frau Meinhardt? Wie passend.“


8. Der innere Konflikt

Abends zu Hause war Lena wieder allein. Im Spiegel sah sie nicht schlecht aus. Sie sah sogar… schön aus. Aber sie fühlte sich nicht frei.
Nicht so wie früher, wenn sie sich selbst entschieden hatte, zu erscheinen.
Jetzt war es ein Kostüm, ein Korsett der Erwartungen – und ausgerechnet jene, die früher mehr „Weiblichkeit“ im Büro wollten, missbrauchten nun die Gelegenheit, eine zu haben, die sie nicht ernst nahmen.

Julian wollte aufgeben. Doch gleichzeitig spürte er auch etwas anderes: Ein Hauch von Stärke.
Denn je länger er als Lena im Büro war, desto klarer wurde: Er überlebte. Trotz allem.

Und vielleicht – vielleicht würde er es schaffen, aus dieser Farce seine eigene Geschichte zu machen.


9. Ein Korsett aus Erwartungen

Der Freitagmorgen kam zu schnell. Julian – oder Lena, wie sie nun im Büro genannt wurde – saß auf der Bettkante, blickte stumm auf das Outfit, das sie heute anziehen musste. Es war nicht mehr ihre Entscheidung. Schon seit Tagen bestimmten die anderen, was sie tragen sollte.

„Wenn du schon als Frau arbeitest, dann auch richtig – sexy, wie die echten Mädels, oder?“ hatte Tobias am Mittwoch gesagt, halb grinsend, halb drohend.

Zuerst waren es nur kleine Bemerkungen gewesen: der Hinweis auf zu wenig Lippenstift, auf „langweilige Schuhe“, auf „so einen Nonnenrock“. Dann kamen E-Mails mit „Styling-Tipps“, Links zu Onlineshops.
Und als Julian beim letzten Teammeeting eine schwarze Stoffhose trug, kam von Herrn Kranz nur ein trockener Kommentar:

„Sie möchten doch sicher nicht, dass wir die Unternehmensrichtlinien zur internen Gender-Sichtbarkeit überdenken müssen, Frau Meinhardt.“

Das war kein Vorschlag. Es war eine Warnung.
Und so stand sie nun da, vor dem Spiegel, mit zitternden Fingern.

Der Rock war knapp über dem Oberschenkelansatz, dunkelrot, leicht glänzend, eng geschnitten. Jeder Schritt ließ ihn leicht hochrutschen. Darunter: Strapse, wie es von ihr verlangt wurde – „für den authentischen Touch“, wie Tobias gesagt hatte. Die zarten, schwarzen Halter blieben beim Gehen kaum verborgen.

Das Oberteil war ein cremefarbenes, dehnbares Top mit einem tiefen Ausschnitt, der das künstliche Dekolleté deutlich hervorhob. Darüber eine schmale Kurzjacke, die kaum etwas verdeckte.

Sie fühlte sich wie ein Schaufensterpuppe – fremdbestimmt, ausgestellt, verletzt.


10. Im Büro – Bühne der Demütigung

Schon beim Betreten des Büros bemerkte sie die Blicke. Nicht mehr nur neugierig – sie waren gierig, prüfend, voller unausgesprochener Kommentare. Tobias stand am Kaffeeautomaten und rief mit gespielter Überraschung:

„Wow, Lena! Wenn du so ins Wochenende gehst, bleibst du bestimmt nicht lang allein.“

Gelächter.
Applaus von einem der Jüngeren.
Selbst Herr Kranz sagte beim Vorbeigehen:

„Unsere Kunden lieben freundliche Gesichter – und gute Präsentation.“

Während des gesamten Vormittags musste sie sich bücken, bewegen, notieren – alles unter wachsamen Augen. Bei jeder Bewegung das Bewusstsein: Der Rock rutscht. Die Strapse blitzen. Das Dekolleté zieht Blicke an. Es war kein Outfit, um sich wohlzufühlen – es war ein Kostüm zur Kontrolle.

Eine Kollegin aus dem Marketing – Johanna, aus dem Nachbarflur – kam gegen Mittag kurz vorbei, blieb bei Lena stehen, sah sie an.
„Ist das… freiwillig?“, flüsterte sie nur.

Lena schluckte. Sie wollte „Ja“ sagen. Sie wollte Souveränität zeigen. Doch ihre Augen sagten alles. Johanna ließ eine Visitenkarte auf ihren Tisch gleiten.
„Falls du jemanden brauchst, der zuhört.“


11. Innere Brüche

In der Toilette stand Lena vor dem Spiegel. Schminke perfekt. Lippen rot. Strapse sichtbar.
Und in den Augen: ein brennendes Gefühl. Nicht wegen der Schminke.

Sie konnte nicht zurück. Nicht mehr in normale Kleidung. Nicht mehr in ein Doppelleben. Die Kollegen würden es nicht erlauben. Sie hatten ihr das Kostüm übergestülpt – und sich daran gewöhnt.

Was war sie jetzt?
Ein Auszubildender mit Lippenstift?
Eine Projektionsfläche für unausgesprochene Fantasien?
Ein Spiel?

Oder… war sie immer noch Lena, nur gefangen in der Version, die andere ihr aufzwangen?

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